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SABINE MAI SCHREIBT ÜBER KULTURELLE IDENTITÄT

Documenta 15 – Der Globale Süden schlägt zurück

Nein, keine Sorge, ich fange nicht schon wieder damit an, wie antisemitisch die Documenta war. Das wurde bereits umfassend diskutiert. Ich bin trotzdem hingefahren vor allem auch, um mir selbst ein Bild zu machen. Auch bin ich kein Documenta-Fan, habe etliche Ausgaben verpasst. Die D15 versprach angenehm frisch zu werden. Mal was anderes, Thai Food statt Schnitzel. Doch schon nach wenigen Minuten in der Ausstellung wird klar, dass hier keine Goa-Beach-Party stattfinden wird.

Mein erster Rundgang endet in Ernüchterung. Kolonialismus und Ausbeutung werden thematisiert. Ich mag das nicht sehen und ertappe mich bei dem Gedanken: unser Bundespräsident hat Recht, sollen die froh sein, dass sie hier ausstellen dürfen. ….

All Mining is dangerous

Dem globalen Süden sind unsere deutschen Befindlichkeiten egal. Die haben andere Probleme, z.B. wie man in einer Militärdiktatur überlebt als Künstler/in. Oder was passiert, wenn einem als Indigene/r gerade der Regenwald abgeholzt wurde? Ich muss nur den Fernseher abschalten, um dem zu entkommen. Taring Pardi und andere Künstler/innen haben dieses Privileg nicht. Sie reagieren mit Aktivismus und einer kollektiven Kunstproduktion auf die teils totalitären gesellschaftlichen Verhältnisse in ihren Ländern. Zusammenleben und kreativ sein ist ihre Antwort. Die wird zu einem Lebensmodell, das Perspektiven öffnet.

Kollektiv statt Genialität

So entsteht an vielen Orten der Welt eine lebendige Kunstproduktion mit Werken, die bewusst auf materielle Hochwertigkeit verzichten. Schon die Mittel sind einfach. Karton, Dispersionsfarbe und Recyclingmaterialien weisen darauf hin, dass diese Kunst jedem zugänglich sein soll. Hier wird nichts passend zum Sofa in Soho produziert. Hier brodelt das Leben.

Kunst ist Kommunikation

Mir persönlich liegt dieser offene kommunikative Ansatz. Ich würde lieber mit den Kollektiv-Kreativen abhängen, statt mich auf Galerie-Eröffnungen mit Häppchen vollzustopfen. Die D15 jedenfalls holt die Kunst raus aus der kuratierten „Fluffigkeit“ und zurück auf die Straße, wo alles angefangen hat mit der Kreativität … und der Rebellion!

Sabine Mai 2022

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