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SABINE MAI SCHREIBT ÜBER KULTURELLE IDENTITÄT

Die verschwundenen Eichenbühler Wasserfrauen

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Die drei Meerfräulein
Zu Eichenbühl kamen einst an den langen Winterabenden drei Fräulein, die im Ort fremd waren, in die bäuerlichen Spinnstuben, und sie spannen Flachs mit den Mädchen des Dorfes, sangen die Lieder mit und scherzten und lachten wie die andern auch. Wenn aber die Uhr gegen Mitternacht wies, nahmen sie ihre Spindeln und gingen fort, ohne dass sie jemand begleiten durfte. Niemand wusste, wohin sie gingen, woher sie kamen und wer sie waren.

Da wollten nun die Eichenbühler Burschen und Mädchen, die sich von Abend zu Abend in den Stuben zusammenfanden, endlich die Herkunft der drei Fremden erfahren. Und sie gebrauchten hiefür eine List, indem sie einmal die Zeiger der Uhr um eine Stunde zurückstellten. Die drei Fräulein waren wieder gekommen, und sie spannen und sangen und waren fröhlich wie immer. Auf einmal aber – die Uhr schlug eben elf – wurden sie unruhig, erhoben sich voll Hast und eilten zur Tür. Und beim Fortgehen wehklagten sie und meinten, sie würden wohl nie mehr wiederkehren. Doch solle jemand am andern Morgen ans „Nunne-Brünnle“ kommen, und wenn sich darauf kein Blut zeige, so stünde es doch noch gut um sie, und sie würden dann ihre Besuche in den Spinnstuben fortsetzen. Sobald es Tag ward, liefen einige Mädchen des Dorfes hinaus an die Quelle. Da zeigten sich am Brunnenrande die roten Blutstropfen, von denen die drei Fräulein gesprochen hatten, und jetzt wussten die Dörfler, dass jene nimmer kommen konnten und ihnen Schlimmes zugestoßen sein musste. Von der Zeit an ließ sich keine „Wassernunne“ mehr in einer Eichenbühler Spinnstube sehen.

Quelle: Spessart-Sagen, Valentin Pfeifer, Aschaffenburg 1948, S. 141f

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